Die familiengeführte Kanzlei Brett-Einsiedel wurde 1963 gegründet. Wir stehen mittlerweile in der dritten Generation für kompetente und innovative Steuerberatung.
Wir helfen nicht nur unseren Mandanten bei Ihren Anliegen und Aufgaben rund um das Thema Steuern. Ein zentraler Aspekt ist die gegenseitige Hilfe und Unterstützung unter den Teammitgliedern bei den Herausforderungen des Arbeitsalltags. Wir sind füreinander da.
Denn gemeinsam werden wir mit den Mandanten oder im Team immer die beste Lösung für alle Beteiligten erreichen.
Natürliche Personen, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, können mit ihren hierzulande erzielten Einkünften beschränkt einkommensteuerpflichtig sein. Der deutsche Fiskus besteuert dann beispielsweise Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die aus inländischen öffentlichen Kassen für ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gezahlt werden.
Ein in Brasilien tätiger Gemeindepfarrer aus Deutschland hat sich kürzlich gegen die Besteuerung seines Arbeitslohns gewandt und ist bis vor den Bundesfinanzhof (BFH) gezogen. Die Bundesrichter bestätigten jedoch die hierzulande erfolgte (Lohn-)Besteuerung und erklärten, dass die Kasse des Bistums, die den Arbeitslohn des Pfarrers ausgezahlt hatte, als inländische öffentliche Kasse im Sinne der beschränkten Steuerpflicht anzusehen ist.
Das Bistum ist als Untergliederung der römisch-katholischen Kirche eine inländische Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Kassen öffentlich-rechtlicher Körperschaften erlangen den Status einer öffentlichen Kasse allein aufgrund der öffentlich-rechtlichen Verfasstheit ihrer Träger. Dies gilt auch für die Kassen der Religionsgesellschaften und ihrer rechtsfähigen Untergliederungen (hier: des Bistums).
Zwar sind Religionsgemeinschaften, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangt haben, nicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu vergleichen, bei denen es sich um in den Staat organisch eingegliederte Verbände handelt. Gleichwohl besitzen sie aber öffentlich-rechtliche (staatsähnliche) Befugnisse.
Information für: | Arbeitgeber und Arbeitnehmer |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Viele Städte und Gemeinden erheben eine Zweitwohnungssteuer auf Zweitwohnungen, um zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Zur Kasse gebeten werden sowohl Eigentümer als auch Mieter, die neben ihrer Hauptwohnung eine Zweitwohnung (melderechtlich: Nebenwohnung) in der steuererhebenden Kommune unterhalten. Liegt die Zweitwohnung in einer teuren Metropole, ist dies für Steuerzahler nachteilig, denn die Zweitwohnungssteuer berechnet sich meist nach der Jahreskaltmiete der Wohnung.
Hinweis: In München wird eine Steuer von 18 % erhoben. Leipzig und Freiburg schließen sich mit jeweils 16 % an, Berlin verlangt 15 %. Die Mehrheit der großen deutschen Städte verlangt 10 %, Hamburg und Kassel sind mit 8 % noch verhältnismäßig günstig.
Verheiratete und eingetragene Lebenspartner, die aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung unterhalten, sind laut einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von der Steuer ausgenommen. Nichtverheiratete werden aber zur Kasse gebeten.
Die Zweitwohnungssteuer ist im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zwar absetzbar, fällt aber unter die Unterkunftskosten, die nur bis zu einem Höchstbetrag von 1.000 EUR pro Monat (12.000 EUR pro Jahr) steuerlich geltend gemacht werden können. In diese Höchstgrenze fließen auch noch weitere laufend anfallende Kosten für die Unterkunft wie Wohnungsmiete, Kfz-Stellplatzmiete, Betriebskosten und Reinigungskosten ein, so dass der Höchstbetrag relativ schnell erreicht sein kann und sich die Zweitwohnungssteuer nicht mehr steuermindernd auswirkt.
Hinweis: Separat geltend gemacht werden können bei einer doppelten Haushaltsführung die einmaligen Gebühren für einen Makler, sowie Renovierungs- und Umzugskosten. Auch Ausgaben für notwendige Einrichtungsgegenstände und Haushaltsartikel für die Erstausstattung zählen nicht zu den Unterkunftskosten und sind zusätzlich absetzbar.
Information für: | Arbeitgeber und Arbeitnehmer |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Wenn Sie an einem weit von Ihrem Lebensmittelpunkt entfernten Ort arbeiten, macht es Sinn, sich am Arbeitsort eine Wohnung anzumieten. Die Kosten für diese Zweitwohnung können unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anerkannt werden. Das Finanzamt berücksichtigt diese Kosten aber nicht unbegrenzt. So gibt es grundsätzlich eine Begrenzung der abziehbaren monatlichen Kosten und der Größe der Wohnung. Im Streitfall musste das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) entscheiden, ob das Finanzamt eine Kürzung der Unterkunftskosten zu Recht vorgenommen hatte.
Der Kläger ist Beamter im Auswärtigen Amt. Er war bis zum 20.08.2015 als stellvertretender Leiter der Botschaft in B tätig. Für die Tätigkeit in B machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung Unterkunftskosten für eine 200 qm große Wohnung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht vollständig an. Eine Richtlinie des Arbeitgebers des Klägers sah nur eine Wohnungsgröße von bis zu 140 qm als angemessen an – mit der Folge, dass auch das Finanzamt die Mietaufwendungen nur für 140 qm, statt der begehrten 200 qm als angemessen ansah.
Die Klage vor dem FG war unbegründet. Das Finanzamt durfte die Aufwendungen nur insoweit als Werbungskosten berücksichtigen, als sie mit steuerpflichtigen Einnahmen des Klägers in Zusammenhang standen. Der Kläger erzielte sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Beamter im Auswärtigen Amt. Notwendige Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung können als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Als „notwendig“ gilt der zusätzliche Wohnbedarf, der für einen Steuerpflichtigen als Einzelperson erforderlich ist, der von dort seiner Arbeit nachgeht, dessen Lebensmittelpunkt und Haupthausstand sich aber an einem anderen Ort befindet. Im Streitfall sind hiernach lediglich 140 qm Wohnfläche als notwendig anzusehen. Darüber hinausgehende Aufwendungen sind nach Ansicht des Senats nicht notwendig, obwohl der Arbeitgeber die größere Wohnung akzeptierte und damit von seinen Richtlinien abwich.
Information für: | Arbeitgeber und Arbeitnehmer |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Der reale preisbereinigte Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge im Juli 2024 gegenüber Juni 2024 kalender- und saisonbereinigt um 5,9 % gesunken; dabei ging der Auftragseingang im Tiefbau um 0,7 % und im Hochbau um 12,2 % zurück. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2023 nahm der reale, kalenderbereinigte Auftragseingang sogar um 9,7 % ab; dabei sank der Auftragseingang im Tiefbau um 4 % und im Hochbau um 15,9 %.
Im Juli 2024 wurde in Deutschland der Bau von 17.000 Wohnungen genehmigt. Destatis zufolge waren dies 19,2 % oder 4.000 Baugenehmigungen weniger als im Juli 2023. Im Vergleich zum Juli 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen sogar um 44,6 % oder 13.700 Wohnungen. Im Zeitraum von Januar bis Juli 2024 wurden 123.600 Wohnungen genehmigt; dies waren 20,8 % oder 32.500 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. In diesen Ergebnissen sind sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Wohn- und Nichtwohngebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.
In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden im Juli 2024 insgesamt 13.400 Wohnungen genehmigt. Dies waren beachtliche 20,3 % oder 3.400 Wohnungen weniger als im Vorjahresmonat. Von Januar bis Juli 2024 wurden 98.700 Neubauwohnungen genehmigt und damit 23,1 % oder 29.600 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. Dabei ging die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser deutlich um 28,4 % (-8.800) auf 22.100 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern sank die Zahl genehmigter Wohnungen um 14,7 % (-1.300) auf 7.600. Auch bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich um 21,6 % (-18.000) auf 65.600 Wohnungen.
Hinweis: Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind Destatis zufolge im zweiten Quartal 2024 gegenüber dem zweiten Quartal 2023 um durchschnittlich 2,6 % gesunken. Gegenüber dem Vorquartal stiegen sie aber bereits wieder um 1,3 % an. Dies ist der erste Anstieg gegenüber einem Vorquartal seit dem zweiten Quartal 2022.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | übrige Steuerarten |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2023 veröffentlicht. Diese Sammlung dient der Finanzverwaltung als Hilfsmittel zur Überprüfung von Umsätzen und Gewinnen Gewerbetreibender. Insbesondere in Fällen, in denen keine ordnungsgemäße Buchführung vorliegt, können die Richtsätze als Grundlage für Schätzungen herangezogen werden. Die Richtsätze basieren auf Betriebsergebnissen zahlreicher geprüfter Unternehmen und sind speziell auf kleinere und mittlere Betriebe ausgerichtet; Großbetriebe sind davon ausgenommen.
Die Richtsatzsammlung wird auf der Internetseite des BMF zum Download bereitgestellt und im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Sie gibt Orientierung für die Gewinnermittlung, indem Rohgewinnsätze, Rohgewinnaufschlagsätze, Halb- und Reingewinne für verschiedene Branchen angegeben werden. Diese Daten helfen dabei, betriebswirtschaftliche Abweichungen von der Norm zu erkennen, indem sie Durchschnittswerte und Bandbreiten für verschiedene Branchen darstellen. Sollte ein Unternehmen erheblich von den angegebenen Werten abweichen, kann eine Kontrolle durch das Finanzamt erfolgen.
Eine wichtige Rolle spielen die sogenannten Rohgewinnaufschläge, die den Aufschlag auf den Wareneinsatz abbilden. Zusätzlich wird zwischen Rohgewinn I (für Handelsbetriebe) und Rohgewinn II (für Handwerks- und Mischbetriebe) unterschieden. Letzterer berücksichtigt neben dem Waren- und Materialeinsatz auch die Fertigungslöhne. Der Halbreingewinn ergibt sich aus dem Rohgewinn abzüglich der Betriebsausgaben mit Ausnahme der Gehälter, Löhne, Aufwendungen für eigene oder gemietete Räume sowie der Gewerbesteuer, während der Reingewinn auch diese restlichen Betriebsausgaben berücksichtigt.
Hinweis: Für Unternehmen, die ihren Gewinn durch eine Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, sind die Richtsätze ebenfalls relevant. Es müssen jedoch entsprechende Anpassungen vorgenommen werden, wie die Umrechnung von Ist- auf Soll-Beträge oder die Berücksichtigung von Bestandsveränderungen. Es wird ausdrücklich betont, dass bei ordnungsgemäßer Buchführung eine Schätzung nicht allein auf eine Abweichung von den Richtsätzen gestützt werden darf.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Wenn Sie ein Unternehmen oder einen Anteil daran erben, können Sie die Regelverschonung für das begünstigte Betriebsvermögen beantragen, so dass 85 % davon steuerfrei bleiben. Oder Sie stellen einen Antrag auf Optionsverschonung, wodurch sogar eine Steuerbefreiung von 100 % gewährt wird. Aber eine solche Befreiung von der Steuer gibt es natürlich nicht umsonst. Damit die Befreiung gewährt wird, muss der Betrieb über einen bestimmten Zeitraum fortgeführt und, abhängig von der Anzahl der Beschäftigten, in diesem Zeitraum eine bestimmte Lohnsumme gezahlt werden.
Im Streitfall stellte sich die Frage, in welcher Höhe die Optionsverschonung zu gewähren ist. Das Finanzgericht Münster (FG) musste darüber entscheiden.
Der Erblasser verstarb in 2012. Er war Kommanditist der N-GmbH & Co. KG, Gesellschafter der W-GbR2 und W-GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Die W-GbR finanzierte die Anschaffung ihres Betriebsvermögens mit Bankdarlehen, die durch anzusparende Lebensversicherungsverträge ihrer Gesellschafter abgesichert und nach Fälligkeit der Lebensversicherungen durch die Versicherungssummen getilgt werden sollten. Bis zum Fälligkeitszeitpunkt der Versicherungsansprüche war die Tilgung der Darlehen grundsätzlich ausgesetzt. Der Kläger beantragte die Optionsverschonung.
Vor Gewährung der Optionsverschonung saldierte das Finanzamt die negativen Werte der W-GbR2 und W-GbR mit dem positiven Wert der N-GmbH & Co. KG und gewährte nur den saldierten Wert.
Die Klage vor dem FG war begründet. Die Optionsverschonung für den Anteil an der N-GmbH & Co. KG ist ohne Saldierung mit dem negativen Betriebsvermögen der W-GbR und W-GbR2 zu gewähren. Bei einer einheitlichen Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten ist jeder Betrieb einzeln zu betrachten. Daher ist die Vollverschonung für den Anteil an der N-GmbH & Co. KG zu gewähren. Für die Anteile an der W-GbR und der W-GbR2 kommt keine Optionsverschonung in Betracht, da bei beiden das Betriebsvermögen negativ ist.
Des Weiteren gehören die abgetretenen Lebensversicherungsansprüche nicht zum Nachlass. Die Abtretung der Lebensversicherungsansprüche an die darlehensgewährenden Banken erfolgte erfüllungshalber, jeweils als werthaltiger Anspruch des Erblassers gegenüber den finanzierenden Banken, der als steuerpflichtiger Erwerb in den Nachlass fiel. Daher ist der vom Finanzamt unzutreffend angesetzte Wert der Lebensversicherungsansprüche durch die zu berücksichtigenden Ansprüche des Erblassers gegenüber den Banken zu ersetzen.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Erbschaft-/Schenkungsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Ab November 2024 vergibt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) an alle wirtschaftlich Tätigen schrittweise automatisiert eine Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.). Auch wenn diese technisch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) spiegelt, handelt sich um zwei separate Identifikationsnummern, die parallel existieren.
Für den Vergabeprozess der W-IdNr. nutzt das BZSt die bereits vorhandenen Unternehmensdaten, die es im Rahmen der USt-IdNr. verwaltet, sowie die Steuerkonten der Finanzämter. Aus technischen Gründen können Unternehmensdaten allerdings für einen kurzen Zeitraum nicht aktualisiert werden. Dies kann im November 2024 zu Verzögerungen bei der Vergabe der USt-IdNr. führen, und zwar insbesondere bei Anträgen auf Vergabe der USt-IdNr. für Organgesellschaften.
Das BZSt rät daher, Anträge auf Vergabe der USt-IdNr. möglichst frühzeitig zu stellen, idealerweise direkt mit der umsatzsteuerlichen Registrierung beim Finanzamt. Auch bei der Beantragung oder Anforderung der erneuten Mitteilung der USt-IdNr. über das Online-Vergabeformular ist mit längeren Bearbeitungszeiten zu rechnen.
Es heißt jedoch, dass bestimmte Prozesse von den Verzögerungen nicht betroffen sein werden. Dazu zählen Anträge auf Eintragung oder Änderung einer Euro-Adresse für Einzelunternehmen sowie die Hinterlegung von Vollmachten für das Umsatzsteuer-Binnenmarkt-Kontrollverfahren (UStKV). Auch das Bestätigungsverfahren von USt-IdNrn. soll weitestgehend reibungslos verlaufen. Zusammenfassende Meldungen können weiterhin wie gewohnt eingereicht werden.
Hinweis: Die Einführung der W-IdNr. bringt zwar technische Anpassungen mit sich, die zu Verzögerungen bei der Vergabe der USt-IdNr. führen, allerdings sind bestimmte (oben beschriebene) Prozesse davon nicht betroffen. Unternehmen sollten ihre Anträge frühzeitig stellen, um längere Bearbeitungszeiten zu vermeiden.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Am 05.10.2023 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die umsatzsteuerliche Behandlung von Osteopathie-Leistungen. Das Urteil betraf grundlegende Aspekte des Unionsrechts und der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL), insbesondere die Frage, ob nationale Regelungen, die gegen diese Richtlinie verstoßen, weiterhin wirksam bleiben dürfen.
Im Besprechungsfall ging es um eine belgische Osteopathin, die nicht über offiziell anerkannte medizinische Qualifikationen verfügte, jedoch Mitglied eines Berufsverbands war, der von den belgischen Krankenkassen anerkannt wurde. Die belgische Steuerbehörde erließ einen Bescheid, der Umsatzsteuer auf ihre Osteopathie-Leistungen erhob. Die Klägerin hingegen argumentierte, ihre Leistungen seien gemäß der MwStSystRL steuerfrei.
Der EuGH entschied, dass Osteopathie-Leistungen nur unter zwei Bedingungen von der Umsatzsteuer befreit sind: Zum einen muss der Osteopath über eine in einem Mitgliedstaat offiziell anerkannte medizinische Ausbildung verfügen. Zum anderen müssen die erbrachten Leistungen therapeutischen Zwecken dienen, also darauf abzielen, Krankheiten zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen. Die Klägerin im Urteilsfall erfüllte diese Voraussetzungen nicht, so dass ihre Leistungen der Umsatzsteuer unterlagen.
Hinweis: Das Urteil verdeutlicht, dass medizinische Leistungen nur von der Umsatzsteuer befreit sind, wenn der Leistungserbringer über offiziell anerkannte Qualifikationen verfügt. Dies hat weitreichende Konsequenzen für Osteopathen und andere Heilberufe mit nichtanerkannten Qualifikationen, da sie ihre Leistungen der Umsatzsteuer unterwerfen müssen.
Darüber hinaus betonte der EuGH, dass nationale Gerichte nicht befugt sind, gegen das Unionsrecht verstoßende nationale Regelungen aufrechtzuerhalten, selbst wenn die Rückerstattung zu Unrecht erhobener oder die nachträgliche Erhebung rechtswidrig nichterhobener Mehrwertsteuer aufgrund praktischer Schwierigkeiten als problematisch angesehen wird. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer einheitlichen Anwendung des EU-Rechts und die Notwendigkeit für Heilberufe, sich an die Vorgaben der MwStSystRL zu halten, um von Steuerbefreiungen profitieren zu können.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist zunehmend mit Vorabentscheidungsverfahren überlastet. Um dem entgegenzuwirken, werden ab dem 01.10.2024 bestimmte Zuständigkeiten an das Gericht der EU (EuG) übertragen. Dies ist Teil umfassender Reformen, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Transparenz der Verfahren verbessern sollen.
Die Reform zielt darauf ab, die Arbeitsbelastung des EuGH zu verringern, damit er sich auf seine zentrale Aufgabe der Wahrung und Stärkung der Einheit und Kohärenz des Unionsrechts konzentrieren kann. Die an den EuG übertragenen Sachgebiete wurden sorgfältig ausgewählt, da sie in der Regel keine Grundsatzfragen aufwerfen und es in diesen Bereichen bereits umfangreiche Rechtsprechung gibt. Die neuen Zuständigkeiten des EuG umfassen:
Darüber hinaus werden die Verfahrensordnungen des EuGH und des EuG modernisiert. Ab dem 01.09.2024 tritt eine neue Verfahrensstruktur in Kraft, die unter anderem eine Mittlere Kammer im EuG einführt, die effizientere und schnellere Entscheidungen ermöglichen soll. Noch im Herbst 2024 werden zudem die Schriftsätze in Vorabentscheidungsverfahren öffentlich zugänglich gemacht, was die Transparenz erheblich verbessert. Auch die Möglichkeit, Verhandlungen per Videokonferenz durchzuführen, wird eingeführt, um die Zugänglichkeit zu erhöhen und Kosten zu senken.
Hinweis: Die Reformen zur Übertragung von Zuständigkeiten an das EuG zielen darauf ab, den EuGH zu entlasten und durch moderne Verfahrensmethoden die Effizienz und Transparenz der EU-Rechtsprechung zu steigern.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
In einem neuen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein ursprünglich im Betrieb einer Personengesellschaft entstandener und durch Anwachsung auf eine Kapitalgesellschaft übergegangener Gewerbeverlust nicht dadurch entfällt, dass die Kapitalgesellschaft den verlustverursachenden Geschäftsbereich im Wege eines Asset Deals weiterveräußert.
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin, eine GmbH, als Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH & Co. KG im Jahr 2011 deren Gewerbeverlust übernommen. Auslöser der Gesamtrechtsnachfolge war eine durch eine Verschmelzung verursachte Anwachsung des KG-Vermögens. Die Klägerin führte den Betrieb der KG zunächst weiter. In den Feststellungsbescheiden zum vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2011 und 31.12.2012 blieb der zum 31.12.2010 festgestellte Gewerbeverlust der KG bei der Klägerin erhalten. Zweifelhaft wurde dies im Streitjahr 2013, in dem sie ihr operatives Geschäft durch Übertragung aller Vermögenswerte (Asset Deal) veräußerte.
Im Anschluss an eine Außenprüfung betrachtete das Finanzamt (FA) den von der KG herrührenden Gewerbeverlust bei der Klägerin als untergegangen und erließ entsprechende Änderungsbescheide. Das Finanzgericht gab der von der Klägerin erhobenen Klage jedoch in erster Instanz statt.
Der BFH hat das finanzgerichtliche Urteil nun bestätigt und die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen. Es besteht nach Gerichtsmeinung keine Grundlage für das vom FA bejahte Entfallen des bei der GmbH nach der Anwachsung ununterscheidbar festgestellten Gewerbeverlusts. Von dem Grundsatz der Unerheblichkeit der Unternehmensidentität bei einer Kapitalgesellschaft ist nach geltendem Recht auch im Anschluss an eine Anwachsung keine Ausnahme zu machen. Die Veräußerung des von der KG übernommenen Geschäftsbetriebs hat nichts daran geändert, dass die bei der Klägerin verbliebene andere Unternehmenstätigkeit weiterhin in vollem Umfang als einheitlicher und zugleich identischer Gewerbebetrieb galt.
Um zu dem vom FA gewünschten Entfallen des von der KG übernommenen Gewerbeverlusts bei der GmbH zu gelangen, bedürfte es sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht einer näheren Ausgestaltung durch den Gesetzgeber.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Gewerbesteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Für das Steuerjahr 2024 hat das Bundesfinanzministerium die Vordrucke zur standardisierten Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Abs. 3 Satz 4 Einkommensteuergesetz veröffentlicht. Diese Regelung betrifft insbesondere die Gewinnermittlung aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, welche durch die Anwendung von Durchschnittssätzen vereinfacht wird.
Bekanntgegeben wurden verschiedene Vordrucke, darunter die Anlage 13a zur Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft. Für Mitunternehmerschaften, also Zusammenschlüsse von mehreren Betrieben, gibt es zusätzliche Vordrucke für die Sonder- und Ergänzungsrechnungen. Zu den Vordrucken gehören außerdem detaillierte Anleitungen, die den Steuerpflichtigen die richtige Verwendung der Formulare erleichtern.
Die Gewinnermittlung muss grundsätzlich elektronisch und authentifiziert durch Datenfernübertragung über das Portal Elster übermittelt werden. Dies gilt sowohl für Einzelunternehmer als auch für Mitunternehmerschaften, wobei Letztere noch die entsprechenden Zusatzvordrucke einreichen müssen. Für die authentifizierte Übermittlung ist ein Zertifikat erforderlich, das nach einer Registrierung auf www.elster.de ausgestellt wird. Der Registrierungsvorgang kann bis zu zwei Wochen dauern. In Härtefällen kann das Finanzamt auf Antrag von einer elektronischen Übermittlung absehen. In diesen Fällen ist es gestattet, für die Gewinnermittlung die entsprechenden Papiervordrucke zu verwenden.
Hinweis: Die Vordrucke und Anleitungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen sowie für die Sonder- und Ergänzungsrechnungen für Mitunternehmerschaften werden im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Wer eine Zugmaschine hält, ist von der Kfz-Steuer befreit, wenn das Fahrzeug ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben oder zur Durchführung von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe verwendet wird.
Nach einem neuen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) gilt die Kfz-Steuerbefreiung auch, wenn Unternehmer Lohnarbeiten für eine Gemeinde leisten. Dem Urteil lag ein Rechtsstreit zugrunde, bei dem ein Unternehmer im Auftrag des Landes Hessen in staatlichen Wäldern Forstarbeiten erbracht hatte. Das Fahrzeug, für das er die Steuerbefreiung beanspruchte, hatte er nur für die Nutzholzgewinnung und für Nebenarbeiten beim Holzeinschlag verwendet. Das für die Kfz-Steuer zuständige Hauptzollamt hatte die Steuerbefreiung abgelehnt und darauf verwiesen, dass land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen für sich allein noch keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb begründen würden.
Das FG Hessen hatte in erster Instanz entschieden, dass die Kfz-Steuerbefreiung auch für Unternehmer gilt, die für Gemeinden und Kommunen forstwirtschaftliche Lohnarbeiten durchführen. Der BFH wies die Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil nun zurück, sodass die finanzgerichtliche Entscheidung Bestand hat.
Der BFH verwies darauf, dass die (ausschließliche) Fahrzeugverwendung zur Durchführung aller Arten von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe unter die Steuerbefreiung fällt; begünstigt ist auch das Halten von Fahrzeugen von Gewerbetreibenden, sofern die Arbeiten nur für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe, aber nicht im Rahmen des Gewerbebetriebs ausgeführt werden. Die Arbeiten des Lohnunternehmers müssen unmittelbar einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zugutekommen.
Die bei der Beurteilung einer Verwendung des Fahrzeugs für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe erforderliche Abgrenzung (zwischen einer unmittelbaren und einer nur mittelbaren Förderung) hat nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu erfolgen.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | übrige Steuerarten |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Im August 2024 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Diskussionsentwurf für ein Mindeststeueranpassungsgesetz (MinStGAnpG) vorgelegt. Das Gesetz dient der Umsetzung neuer OECD-Verwaltungsleitlinien, insbesondere der „Agreed Administrative Guidance 3“ aus dem Dezember 2023, und zielt darauf ab, das Country-by-Country-Reporting (CbCR) Safe-Harbour in nationales Recht zu überführen.
Ende 2023 trat die globale effektive Mindestbesteuerung gemäß der Richtlinie (EU) 2022/2523 in Kraft, die Besteuerungszeiträume ab 2024 betrifft. Die Maßnahmen umfassen die Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung sowie die Reduzierung der Lizenzschranke von 25 % auf 15 %. Aufgrund neuer Leitlinien des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS sind Anpassungen des Mindeststeuergesetzes notwendig geworden. Deutschland hat sich verpflichtet, diese Leitlinien innerhalb von 24 Monaten nach ihrer Veröffentlichung umzusetzen. Der Diskussionsentwurf beinhaltet mehrere wesentliche Anpassungen:
Der Entwurf umfasst auch redaktionelle Änderungen zur Anpassung an den Wortlaut der EU-Richtlinie, zur Behebung von Verweisfehlern sowie weitere wichtige verwaltungsseitige Vereinfachungen. Verbände und Interessenvertretungen konnten bis zum 06.09.2024 Stellung zu dem Diskussionsentwurf nehmen. Der vollständige Text des Entwurfs ist auf der Internetseite des BMF verfügbar.
Hinweis: Zusammenfassend zielt das MinStGAnpG darauf ab, das deutsche Steuerrecht an die OECD-Standards anzupassen sowie die Transparenz und Einheitlichkeit in der Besteuerung multinationaler Unternehmen zu fördern.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Das Land Baden-Württemberg hat an die Bundesregierung appelliert, die bestehenden Regelungen zur Umsatzsteuerbefreiung für den Musikunterricht im Zuge des Jahressteuergesetzes (JStG) 2024 zu bestätigen. Denn die Reform im Rahmen des JStG wirft Unsicherheiten hinsichtlich der steuerlichen Einstufung von Musikunterricht auf, der bislang umsatzsteuerfrei war.
Nach Auffassung des Finanzministeriums Baden-Württemberg bleibt die steuerliche Behandlung des Musikunterrichts unverändert. Dies bedeutet, dass Musikschulen, Musikvereine sowie selbständige Musiklehrerinnen und -lehrer auch künftig von der Umsatzsteuerbefreiung profitieren können. Um die Sorgen der Betroffenen zu adressieren und die Bedeutung der musikalischen Bildung in Deutschland zu betonen, hat das Land einen formellen Antrag eingebracht, den der Finanzausschuss des Bundesrats am 12.09.2024 auch beschlossen hat.
Die Steuerbefreiung gilt für sämtliche Unterrichtsleistungen, die der (schulischen) Bildung und Ausbildung dienen, unabhängig davon, ob diese für Kinder oder Erwachsene angeboten werden. Im Gegensatz dazu bleibt Musikunterricht, der ausschließlich der Freizeitgestaltung dient, umsatzsteuerpflichtig.
Eine bedeutende Neuerung im Gesetzentwurf sieht vor, dass zur Inanspruchnahme der Steuerbefreiung künftig keine Bescheinigung der zuständigen Behörde über die Begünstigung des Unterrichtsinhalts mehr erforderlich ist. Die Entscheidung darüber, ob es sich um eine begünstigte Bildungsleistung oder um reine Freizeitgestaltung handelt, soll künftig vom zuständigen Finanzamt getroffen werden.
Hinweis: Die Initiative aus Baden-Württemberg zielt darauf ab, die steuerlichen Rahmenbedingungen für den Musikunterricht zu sichern und somit die Förderung musikalischer Bildung in der Gesellschaft zu gewährleisten.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Die Gemeinden in Deutschland haben im Jahr 2023 Einnahmen von rund 75,1 Mrd. EUR aus der Gewerbesteuer erzielt. Dies bedeutet ein Plus von rund 4,9 Mrd. EUR bzw. 6,9 % gegenüber dem Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Damit wurde auch 2023 ein neuer Rekord bei den Gewerbesteuereinnahmen erreicht. Nach einem Rückgang im ersten Corona-Jahr 2020 waren die Gewerbesteuereinnahmen bereits 2021 und 2022 auf neue Höchststände seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1991 gestiegen.
Unter den Flächenländern verzeichneten Brandenburg mit + 27,0 % und Sachsen mit + 21,8 % die höchsten Anstiege bei den Gewerbesteuereinnahmen. Bei den Stadtstaaten hatte Bremen mit + 23,3 % den stärksten Zuwachs. Dagegen verbuchte Rheinland-Pfalz mit – 29,1 % als einziges Bundesland einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr.
Die Einnahmen der Gemeinden aus der Grundsteuer A, die auf das Vermögen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe erhoben wird, betrugen im Jahr 2023 insgesamt 0,4 Mrd. EUR. Dies war ein Anstieg um 0,8 % zum Vorjahr. Aus der Grundsteuer B, die auf Grundstücke erhoben wird, nahmen die Gemeinden im Jahr 2023 insgesamt 15,1 Mrd. EUR ein, das waren 1,3 % mehr als 2022.
Insgesamt erzielten die Gemeinden in Deutschland im Jahr 2023 Einnahmen aus den Realsteuern (Grundsteuer und Gewerbesteuer) von rund 90,6 Mrd. EUR. Gegenüber 2022 war dies ein Anstieg um 5,1 Mrd. EUR bzw. 5,9 %.
Hinweis: Die von den Gemeinden festgesetzten Hebesätze zur Gewerbesteuer sowie zur Grundsteuer A und B entscheiden maßgeblich über die Höhe ihrer Realsteuereinnahmen. Im Jahr 2023 lag der durchschnittliche Hebesatz aller Gemeinden in Deutschland für die Gewerbesteuer bei 407 % und damit um 4 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Bei der Grundsteuer A stieg der durchschnittliche Hebesatz im Jahr 2023 gegenüber 2022 um 5 Prozentpunkte auf 355 %. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B erhöhte sich im selben Zeitraum um 7 Prozentpunkte auf 493 %.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Gewerbesteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Seit 2022 werden Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage von der Einkommensteuer befreit. Für die Anwendung der Steuerbefreiung muss die Photovoltaikanlage aber bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Anlagenleistung und des Standortes erfüllen: Die installierte Bruttoleistung darf nur bis zu 30 kW (peak) betragen, wenn die Anlage auf einem Einfamilienhaus (einschließlich Nebengebäuden, Garagen oder Carports), oder auf Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen (z.B. Gewerbeimmobilien, Garagenhof), installiert ist.
Hinweis: Für den Betrieb einer oder mehrerer Photovoltaikanlagen gilt insgesamt eine Höchstgrenze von 100 kW (peak) pro Steuerzahler. Bei Überschreiten der 100-kW-(peak)-Grenze entfällt die Steuerbefreiung für alle Photovoltaikanlagen.
Das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein hat nun in einem aktuellen Erlass erläutert, wie sich die Bruttoleistungsgrenze bei einer Photovoltaikanlage errechnet, die verteilt über mehrere Gebäude auf einer wirtschaftlichen Hofstelle installiert ist. Demnach ist für die Steuerbefreiung die Summe der für die jeweiligen Gebäude geltenden Leistungsgrenzen maßgeblich, auf denen sich die Photovoltaikanlage befindet.
Sind die Solarmodule einer Photovoltaikanlage mit einem Einspeisezähler beispielsweise auf ein Einfamilienhaus (20 kW [peak]), ein Stallgebäude (30 kW [peak]) und eine Maschinenhalle (30 kW [peak]) verteilt, können die Einnahmen aus dem Betrieb der Anlage steuerfrei bleiben, da bei gebäudebezogener Betrachtungsweise die Summe der für die jeweiligen Gebäude geltenden Leistungsgrenzen (jeweils 30 kW [peak]) nicht überschritten ist.
Würde die installierte Leistung auf der Maschinenhalle abweichend vom vorgenannten Beispiel bei 40 kW (peak) liegen, wäre die für die Steuerfreiheit maßgebliche Leistungsgrenze von 30 kW (peak) für diese Halle überschritten. Dies hätte zur Folge, dass die gesamten Einnahmen aus der Anlage (90 kW [peak]) nicht unter die Steuerbefreiung gefasst werden könnten. Zum Verhängnis wird dem Betreiber in diesem Fall, dass nur ein Einspeisezähler vorhanden ist und somit eine einheitliche Photovoltaikanlage vorliegt, die nicht teilweise steuerbegünstigt sein kann.
Hinweis: Fallen sämtliche Einnahmen aus einer Photovoltaikanlage unter die Einkommensteuerbefreiung, dürfen auch Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Anlage nicht steuermindernd abgezogen werden.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) entschied in einem Zwischenurteil, dass Aufstockungsbeiträge, die der bisherige Arbeitgeber an eine Transfergesellschaft zahlt, um die Gehälter der Arbeitnehmer aufzustocken, steuerbar und Teil des steuerpflichtigen Entgelts im Leistungsaustausch zwischen Transfergesellschaft und Alt-Arbeitgeber sind. Diese Zahlungen sind keine durchlaufenden Posten. Die von der Transfergesellschaft erbrachten Leistungen, einschließlich Personalverwaltung und Qualifizierung, stellen ebenfalls keine steuerfreien Dienstleistungen dar, da sie nicht eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden sind.
Das Urteil bezieht sich auf die Praxis, dass Transfergesellschaften Arbeitnehmer übernehmen und ihnen Leistungen anbieten, während Alt-Arbeitgeber weiterhin für bestimmte Kosten aufkommen. Der Senat stellte klar, dass Remanenzkosten, die die Transfergesellschaft für die Alt-Arbeitgeber übernimmt, als steuerpflichtiges Entgelt betrachtet werden, während Abfindungen, die auf vorherigen Arbeitsverhältnissen basieren, als durchlaufende Posten gelten.
Die steuerliche Beurteilung beruht auf dem spezifischen Rechtsverhältnis zwischen Transfergesellschaft und Alt-Arbeitgeber, wobei die Übernahme von Arbeitsverhältnissen und die damit verbundenen Kosten im Mittelpunkt stehen. Der Senat kam zu dem Schluss, dass die von der Transfergesellschaft an die Alt-Arbeitgeber weiterbelasteten Remanenzkosten Teil des steuerpflichtigen Entgelts sind, während die Abfindungen aus dem ehemaligen Arbeitsverhältnis keine steuerpflichtigen Leistungen darstellen.
Die Leistungen der Transfergesellschaften sind nicht als Dienstleistungen im Rahmen der Sozialfürsorge steuerfrei, da sie primär den Alt-Arbeitgebern zugutekommen, die durch diese Regelungen ihre betrieblichen Verpflichtungen optimieren können.
Hinweis: Das Urteil klärt wesentliche Aspekte der Umsatzsteuerpflicht von Transfergesellschaften. Es unterstreicht die steuerliche Behandlung von Aufstockungsbeiträgen und Remanenzkosten, während Abfindungen als nicht steuerpflichtig eingestuft werden.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 05.09.2024 zum Reemtsma-Anspruch, der es einem Leistungsempfänger ermöglicht, zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzufordern, wenn der leistende Unternehmer insolvent ist. Die Entscheidung stellt klar, dass eine mehrfache Erstattung von Umsatzsteuer nicht zulässig ist und der Rückzahlungsanspruch dem insolventen Unternehmer zusteht.
Im Besprechungsfall erwarben zwei deutsche Unternehmer (E und H) Motorboote in Italien und wiesen fälschlicherweise deutsche Umsatzsteuer aus, obwohl der Leistungsort Italien war. Der Käufer H zog die Umsatzsteuer unrechtmäßig als Vorsteuer ab, was bei einer Betriebsprüfung auffiel. Nach der Insolvenz des Verkäufers E berichtigte der Insolvenzverwalter die Rechnungen und das Finanzamt erstattete die Umsatzsteuer an die Insolvenzmasse. H versuchte, diese direkt zurückzuerhalten, scheiterte jedoch.
Der EuGH entschied, dass H keinen Anspruch auf Rückzahlung der Umsatzsteuer hat, da diese bereits an die Insolvenzmasse geflossen ist. Eine erneute Erstattung – diesmal an H – würde zu einer unzulässigen Doppelerstattung durch das Finanzamt führen. Der EuGH betonte, dass der Reemtsma-Anspruch nur als letztes Mittel genutzt werden kann und H zunächst zivilrechtliche Ansprüche in Italien hätte geltend machen müssen.
Die Richter stellten klar, dass der Reemtsma-Anspruch nur unter bestimmten Bedingungen gilt und nicht dazu dient, das Insolvenzrecht zu umgehen oder das Finanzamt doppelt zu belasten. Auch wenn der Leistungsempfänger durch die Insolvenz des Leistenden keine Rückforderungsmöglichkeit mehr hat, bleibt eine zivilrechtliche Geltendmachung erforderlich.
Hinweis: Diese Entscheidung verdeutlicht die Risiken einer fehlerhaften umsatzsteuerlichen Einordnung und die Notwendigkeit einer korrekten Abwicklung grenzüberschreitender Geschäfte, um finanzielle Verluste zu vermeiden.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Werden Anteile an einer Mitunternehmerschaft veräußert, vereinbaren die Vertragsparteien neben dem festen Kaufpreis mitunter variable Kaufpreisbestandteile, die sich am (späteren) Gewinn oder Umsatz der Gesellschaft orientieren.
Diese sogenannten Earn-Out-Zahlungen müssen nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus 2023 erst bei tatsächlichem Zufluss vom Verkäufer versteuert werden. Sie dürfen damit nicht – auch nicht nachträglich – in den Gewinn im Veräußerungszeitpunkt einbezogen werden (keine Rückwirkung).
Nach dem Urteil dürfen gewinn- und umsatzabhängige Kaufpreisforderungen erst bei Realisation erfasst werden, da der Veräußerer sie erst im Zuflusszeitpunkt realisiert. Es handelt sich nach Gerichtsmeinung um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche, bei denen zunächst noch nicht feststeht, ob und in welcher Höhe sie entstehen. Diese Unsicherheiten rechtfertigen es aus Sicht des BFH, derartige Zahlungen von der stichtagsbezogenen Ermittlung des Veräußerungsgewinns auszunehmen. Die Entscheidung des BFH ist mittlerweile über den Einzelfall hinaus allgemein anwendbar.
Das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein (FinMin) weist mit Erlass vom 20.08.2024 darauf hin, dass aber weiterhin zu unterscheiden ist, ob es sich bei variablen Kaufpreiskomponenten basierend auf Earn-Out-Klauseln
Das FinMin weist darauf hin, dass der BFH nicht zu rückwirkenden Earn-Out-Klauseln entschieden hat, bei denen nur das Entstehen der sich bereits betragsmäßig festgelegten Kaufpreiskomponenten vom Gewinn oder Umsatz abhängig ist.
Bei diesen rückwirkenden Earn-Out-Klauseln sollen die Finanzämter (FA) daher weiterhin ein rückwirkendes Ereignis annehmen, sodass die Besteuerung nicht erst bei Zufluss erfolgt. Die FA wurden aufgefordert, bislang ruhende Einspruchsverfahren zu dieser Thematik wieder aufzunehmen und in diesem Sinne zu bearbeiten.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Immer mehr Steuerzahler legen Einspruch gegen ihren Steuerbescheid ein und haben damit Erfolg. Laut einer Statistik des Bundesfinanzministeriums (BMF) gingen 2023 fast 10 Mio. Einsprüche bei den Finanzämtern ein. Im Jahr zuvor waren es nur knapp 3 Mio.; Grund dafür sind insbesondere die Einsprüche in Zusammenhang mit der Grundsteuerreform. Es kommt aber immer wieder vor, dass sich auch in den Einkommensteuerbescheid Fehler einschleichen und das Finanzamt (FA) zu viel Steuern verlangt. Dagegen können Steuerzahler innerhalb eines Monats nach Erhalt ihres Steuerbescheids Einspruch einlegen.
Von fast 3,7 Millionen erledigten Einsprüchen im Laufe des vergangenen Jahres waren immerhin rund 69 % erfolgreich. Das heißt: Über 2,5 Mio. Steuerbescheide mussten die FA im Einspruchsverfahren richtigstellen und zugunsten der Steuerzahler ändern. Nur 12 % der Einsprüche hatten keinen oder nur teilweise Erfolg. Rund ein Fünftel der Einsprüche wurde zurückgenommen.
Bei Erhalt des Einkommensteuerbescheids sollte daher überprüft werden, ob Bruttolohn, Rente und andere Einnahmen korrekt vom FA erfasst wurden. Gleiches gilt für Renten- und Krankenversicherungsbeiträge, Jobkosten, Spenden, Krankheitskosten und haushaltsnahe Dienstleistungen. Es lohnt der Blick darauf, ob Zahlendreher enthalten sind oder elektronische Daten falsch übermittelt wurden.
Zudem empfiehlt sich eine Prüfung, ob bei aberkannten Kosten gerade bei einem obersten Gericht in einem ähnlichen Sachverhalt gestritten wird. Ist dies der Fall, sollte unter Hinweis auf das anhängige Musterverfahren Einspruch eingelegt und das Ruhen beantragt werden. Geht der Prozess zugunsten der klagenden Steuerzahler aus, lässt sich davon dann im eigenen Fall profitieren.
Hinweis: Die FA können derzeit mehr als 4,8 Mio. Einsprüche nicht abschließend bearbeiten, weil erst ein oberstes Gericht (Bundesfinanzhof, Bundesverfassungsgericht oder Europäischer Gerichtshof) noch entscheiden muss und Steuerzahler sich auf diese Musterverfahren berufen haben.
Einspruchsverfahren sind für den Steuerzahler kostenlos. Wichtig ist aber, die Einspruchsfrist nicht zu verpassen: Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids muss der Einspruch schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift beim zuständigen FA eingehen. Innerhalb der Einspruchsfrist lassen sich auch vergessene Ausgaben nachreichen, zum Beispiel für Reparatur- oder Malerarbeiten im Haushalt.
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zum Thema: | übrige Steuerarten |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Fast jedes zehnte Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos und auf reproduktionsmedizinische Hilfe angewiesen. Die Kosten dafür werden nicht immer von der Krankenkasse übernommen. Eine Steuerentlastung gab es bisher nur bei krankheitsbedingter Kinderlosigkeit der Frau sowie bestehender Ehe. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun aber entschieden, dass auch eine gesunde und unverheiratete Frau die Kosten für eine Präimplantationsdiagnostik (PID) zur Feststellung von Veränderungen des Erbmaterials und eine anschließende künstliche Befruchtung von der Steuer absetzen kann, wenn ihr Partner an einer Erkrankung leidet.
Im verhandelten Fall wies der Partner der Steuerzahlerin eine erblich bedingte Chromosomenmutation auf. Dadurch war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemeinsames Kind entweder mit schwersten Behinderungen auf die Welt gekommen oder nach der Geburt erst gar nicht lebensfähig gewesen wäre. Das Paar ließ sich bei einer Kinderwunschklinik humangenetisch und psychosozial beraten. Um das vorliegende Risiko zu umgehen, entschied sich das Paar zu einer künstlichen Befruchtung und einer Präimplantationsdiagnostik, die genetische Veränderungen an den Zellen des Embryos vor dem Einsetzen in die Gebärmutter identifiziert.
Der Großteil der Behandlungen wurde an der Frau im Rahmen der künstlichen Befruchtung vorgenommen. Da die Frau selbst gesund war, musste das Paar die Kosten in Höhe von ca. 23.000 EUR selbst tragen. Mit ihrer Einkommensteuererklärung machte die Frau die Ausgaben schließlich als außergewöhnliche Belastung geltend. Doch das zuständige Finanzamt (FA) lehnte die Berücksichtigung ab, weil das Paar nicht verheiratet war.
Die Frau klagte und das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab ihr in erster Instanz recht. Es sah die Voraussetzungen für den Abzug als außergewöhnliche Belastung als erfüllt an, da die medizinischen Maßnahmen notwendig waren, eine durch Krankheit des Partners beeinträchtigte körperliche Funktion auszugleichen. Allerdings wurde nur der Teil der Kosten, den die Frau selbst bezahlt hatte, anerkannt. Die vom Partner bezahlten Rechnungen wurden bei der Frau nicht berücksichtigt, da keine Ehe bzw. Zusammenveranlagung vorlag. Das örtliche FA ging gegen dieses Urteil in Revision, so dass der Fall schließlich vor dem BFH landete.
Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG und erklärte, dass die Gesundheit der Frau und deren Ehestatus im Sinne des Einkommensteuergesetzes keine Rolle spielen. Im Urteil wurde auf den untrennbaren biologischen Zusammenhang in Bezug auf einen Kinderwunsch hingewiesen. Zum einen hätte die Erbkrankheit des Partners auch Auswirkungen auf die Frau gehabt, zum anderen hätte eine medizinische Behandlung eines Partners allein nicht für den Zweck ausgereicht.
Somit waren die Maßnahmen am gesunden Körper der Frau steuerlich gerechtfertigt. Weiterhin waren die pränatalen Behandlungen durch die Ärztekammer medizinisch indiziert und wurden im Einklang mit deutschem Recht nach dem Embryonenschutzgesetz durchgeführt. Der Abzug als außergewöhnliche Belastung wurde somit zugelassen.
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zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Ausgaben für die Heilung oder für die Linderung einer Krankheit lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen als Krankheitskosten in der Einkommensteuererklärung absetzen. Hierzu gehören beispielsweise Ausgaben für Brillen, Hörgeräte, Krankengymnastik, Massagen, sowie verschriebene Medikamente und Fahrten zur Arztpraxis. Diese zählen zu den außergewöhnlichen Belastungen und werden steuermindernd berücksichtigt, wenn sie die zumutbare Belastung des Steuerzahlers überschreiten.
Hinweis: Krankheitskosten werden vom Finanzamt nur anerkannt, wenn sie zwangsläufig, notwendig und angemessen sind. Der Nachweis dafür kann durch eine ärztliche Verordnung oder eine Verordnung eines Heilpraktikers bzw. einer Heilpraktikerin erfolgen.
Kosten für eine ärztlich verordnete Diät dürfen allerdings nicht steuerlich geltend gemacht werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Anerkennung von Ausgaben für eine besondere Ernährung stets abgelehnt. Im jüngsten Fall hatte ein Steuerzahler geklagt, dessen Tochter an Zöliakie leidet und deshalb dauerhaft auf glutenfreie Nahrung angewiesen ist. Da diese Lebensmittel meist deutlich teurer sind als „normale“ Lebensmittel, wollte er die Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Doch der BFH lehnte ab.
Laut Einkommensteuergesetz können Aufwendungen für eine Diätverpflegung nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Dies gilt nach der BFH-Rechtsprechung ausnahmslos und somit auch für Sonderdiäten, die eine medikamentöse Behandlung ersetzen. Denn die spezielle Ernährung ersetzt nicht nur mögliche Medikamente, sondern auch übliche Nahrungsmittel. Auf deren Verzehr und Beschaffung sind aber alle Steuerzahler angewiesen – somit könnten solche Kosten nicht als außergewöhnlich gewertet werden.
In seinem Urteil äußert der BFH aber Verständnis für Betroffene: Dass die Ausgaben für Steuerzahler, die auf eine spezielle Diätverpflegung angewiesen sind, nicht steuerlich geltend gemacht werden können, bedeute „eine gewisse Härte“. Jedoch habe der Gesetzgeber dies in Kauf genommen. Typische Aufwendungen für die Lebensführung, wie beispielsweise Kosten für die Verpflegung, können deshalb nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden – und zwar unabhängig davon, in welcher Höhe diese anfallen.
Ganz abgeschlossen ist das Thema mit dem Richterspruch des BFH allerdings noch nicht. Denn beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist aktuell eine Verfassungsbeschwerde anhängig, in der es unter anderem um die Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine glutenfreie Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung geht. Ob das BVerfG die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung annimmt, ist jedoch alles andere als sicher. Ähnliche Verfassungsbeschwerden hat es in der Vergangenheit nicht zugelassen.
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zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Manchmal ist es schwierig, eine freiberufliche von einer gewerblichen Tätigkeit abzugrenzen. Bereits Kleinigkeiten im Rahmen der Ausführung können hier zu einem anderen Ergebnis führen. Für Sie als Steuerpflichtigen ist es jedoch entscheidend, wie Ihre Tätigkeit eingeordnet wird, denn bei einer freiberuflichen Tätigkeit fällt keine Gewerbesteuer an. Im Streitfall musste das Finanzgericht Köln (FG) entscheiden, ob bei einer Ärzte-GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.
Die Klägerin betrieb im Streitjahr in der Rechtsform einer GbR in Z ein Abstrich-/Testzentrum (Testzentrum) für den Erregernachweis des Corona-Virus. Gesellschafter der Klägerin waren zu gleichen Teilen zum einen in einer weiteren GbR die in Z niedergelassenen Allgemeinmediziner Y und Y1 (Y GbR) sowie die in Z niedergelassene Fachärztin für Laboratoriumsmedizin Frau X. Das Testzentrum wurde außerhalb der Praxisräume betrieben. Die beteiligten Ärzte nahmen die Abstriche selbst vor. Das Testzentrum wurde auf Wunsch des Gesundheitsamts des Kreises Z in Betrieb genommen. Es war zulassungsrechtlich eine Zweigstelle der Praxen der Gesellschafter.
Die Klägerin erklärte aus dem Betrieb des Testzentrums Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Nach Ansicht des Finanzamts lagen jedoch gewerbliche Einkünfte vor.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Die Klägerin hat Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und freien Berufen muss auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden. Bei den Abstrichen handelt es sich um diagnostische Vorfeldmaßnahmen, die der Feststellung einer Erkrankung dienen. Dies entspricht der Tätigkeit eines Arztes (freiberufliche Tätigkeit). Besonders in der Anfangszeit der Pandemie war die Lage noch nicht überschaubar und die Testung durch Ärzte sollte ein hohes Maß an Sicherheit für die Bevölkerung garantieren.
Die Vornahme der Testungen stellte einen Teil der originären ärztlichen Betätigung im Bereich der Diagnostik dar. Zudem sahen sowohl das örtliche Gesundheitsamt als auch die örtlichen Arztpraxen das ausgelagerte Testzentrum der Klägerin als wichtige Maßnahme zur Vermeidung einer weiteren Ausbreitung des Virus an. Dass dabei kein Vertrauensverhältnis zwischen den Ärzten und den Testpersonen aufgebaut werden konnte, ist unerheblich. Auch die Tatsache, dass für den Betrieb des Testzentrums eine eigenständige Gesellschaft gegründet wurde, spricht nach Ansicht des Senats nicht für einen Gewerbebetrieb.
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zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Wer sein Geld als Influencer in sozialen Netzwerken verdient, indem er Produkte oder Lebensstile bewirbt, sollte die steuerlichen Fallstricke kennen, die eine solche Tätigkeit mit sich bringt. Das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein weist in einem aktuellen Erlass unter anderem auf drei Steuerfallen hin:
Hinweis: Influencer sollten daran denken, dass auch die Finanzämter (FA) die Auftritte in den sozialen Netzwerken aufmerksam verfolgen und über die Aktivitäten (z.B. über Instagram-Storys und Blog-Beiträge) im Bilde sind. Wer seine erhaltenen Vorteile beim FA nicht als Betriebseinnahmen angibt, macht sich aber unter Umständen einer Steuerhinterziehung schuldig.
Reisekosten sind klar zu trennen: Reisekosten dürfen nur dann komplett als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn die Reise überwiegend (mind. 90 %) betrieblich veranlasst war. Gemischt (privat und betrieblich) veranlasste Reisen (z.B. private Urlaube verbunden mit einzelnen Arbeitstagen) dürfen nur anteilig für den betrieblichen Reiseteil abgesetzt werden. Hierfür müssen sich die Zeitanteile der Reise klar und eindeutig voneinander trennen lassen.
Verbindet ein Influencer eine geschäftliche Reise mit privaten Urlaubstagen, ist es unerlässlich, private und geschäftliche Ausgaben akkurat zu trennen. Für alle betrieblichen Aufwendungen sollten Belege und Quittungen als Nachweise gesammelt werden, denn werden die betrieblichen Ausgaben nicht klar abgegrenzt sind, kann es passieren, dass das FA diese Kosten nicht anerkennt.
Hinweis: Wer als Influencer sein Geld verdient, sollte frühzeitig einen steuerlichen Berater zu Rate ziehen, damit er sich um sein Kerngeschäft kümmern kann, statt zu viel Zeit mit der steuerlichen Aufarbeitung der Tätigkeit zu verbringen. Durch steuerfachkundigen Rat kann verhindert werden, dass es zu einem bösen Erwachen kommt, wenn das FA später Steuernachforderungen erhebt und strafrechtliche Konsequenzen folgen.
Information für: | alle |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Wenn Sie jemandem etwas Gutes tun wollen, können Sie ihm etwas schenken. Abhängig von Ihrer finanziellen Situation kann das von einem Buch bis zu einem Haus alles sein. Natürlich fällt für ein Buch keine Schenkungsteuer an. Bei einem Haus ist dies hingegen der Fall. Darüber hinaus können auch Dinge verschenkt werden, die man nicht verpacken kann, wie beispielsweise Anteile an Gesellschaften. Das Finanzgericht Münster (FG) musste in einem Streitfall entscheiden, ob die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen eine Schenkung darstellt oder nicht.
Der Kläger war mit seinem Vater und seinem Bruder an einer GmbH beteiligt. Per Erbvertrag war vereinbart, dass die Söhne vom Anteil des Vaters jeweils die Hälfte erhalten sollten. Am 15.01.2013 annullierte der Vater den Vertrag mit dem Bruder des Klägers. Dieser erklärt sich einverstanden, dass die ursprünglich ihm zugedachten Anteile auf den Kläger übertragen werden. Gleichzeitig verpflichtete er sich, seine Beteiligung mit Wirkung zum 01.11.2017 an die GmbH oder einen von ihr zu benennenden Dritten zu veräußern. Der Vater verstarb im Jahr 2013.
In 2017 veräußerte der Bruder des Klägers seinen Anteil an die GmbH. Die notarielle Übertragung erfolgte in 2018. Das Finanzamt setzte auf den 01.11.2017 gegenüber dem Kläger Schenkungsteuer fest, da der Ertragswert des Anteils höher als der Veräußerungspreis war. Dieser wandte ein, dass er mit seinem Bruder zerstritten sei und daher bei der Anteilsübertragung kein Schenkungswille vorgelegen habe.
Die Klage vor dem FG war erfolgreich. An sich ist der Bescheid schon deshalb rechtswidrig, weil die eigentliche Übertragung erst in 2018 und nicht bereits zum 01.11.2017 erfolgte. Zudem wurde auch keine Schenkung vorgenommen. Es fehlte an dem Bewusstsein des Bruders, die Übertragung seines Anteils an der GmbH ohne Verpflichtung bzw. ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer entsprechenden Gegenleistung zu erbringen. Somit fehlte ein „Wille zur Unentgeltlichkeit“ bei der Übertragung. Dieser ist aber laut Gesetzgeber notwendig. Für die Willensbildung ist auf den Vertrag vom 15.01.2013 abzustellen.
Der Senat kommt daher zu der Überzeugung, dass der Bruder ohne Bewusstsein zur Teilentgeltlichkeit der Anteilsübertragung gehandelt hat. Aufgrund des zerstrittenen Verhältnisses der Brüder kann man davon ausgehen, dass die Anteile nicht aus familiären Beweggründen zu einem niedrigeren Wert übertragen wurden.
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zum Thema: | Erbschaft-/Schenkungsteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Seit Jahren wird die wachsende Staatsverschuldung in Deutschland vom Bund der Steuerzahler (BdSt) plakativ auf einer Schuldenuhr dargestellt. Aufgrund gestiegener Staatsschulden hatte der BdSt das Tempo der Uhr im Juni 2024 von 3.472 EUR auf 3.581 EUR pro Sekunde erhöht – diese Umstellung basierte auf neuen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Die Schuldenuhr berücksichtigte damit eine geplante Gesamt-Nettokreditaufnahme für den Bund von rund 101 Mrd. EUR zur Defizit-Finanzierung des Bundeshaushalts und unselbständiger Sondervermögen des Bundes sowie des Sondervermögens für die Bundeswehr.
Aufgrund des Nachtragshaushalts 2024 für den Bund, der aktuell im Bundestag beraten wird, hat der Steuerzahlerbund die Schuldenuhr nun auf 3.974 EUR pro Sekunde vorgestellt. Mit dem Nachtragshaushalt soll die Neuverschuldung des Bundeshaushalts steigen, so dass der Bund nun mit fast 113 Mrd. EUR geplanter Gesamt-Nettokreditaufnahme für das laufende Jahr berücksichtigt wird.
Anhand der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen taxierte der BdSt das geplante Neuverschuldungs-Volumen des Staates auf rund 125 Mrd. EUR im Jahr 2024. Aufgrund neuer Rekordhöhen staatlicher Schuldenberge fordert der Verband eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und verweist auf Rekord-Steuereinnahmen und eine hohe Abgabenlast für Bürger und Betriebe.
Information für: | alle |
zum Thema: | übrige Steuerarten |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Wenn Sie für Arbeiten in Ihrem Haus oder Ihrer Wohnung Handwerker beauftragen, können Sie anfallende Lohnkosten in Ihrer Einkommensteuererklärung berücksichtigen. So können Sie Ihre Steuer um bis zu 1.200 EUR pro Jahr (20 % von maximal 6.000 EUR Lohnkosten) reduzieren. Für den Abzug sind allerdings bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen: Es muss eine Rechnung vorliegen und der Rechnungsbetrag muss auf das Bankkonto des Handwerkers überwiesen werden. Dies soll die Schwarzarbeit eindämmen. Im Streitfall erfolgte eine Vorauszahlung auf Handwerkerleistungen. Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) musste entscheiden, ob hierfür die Steuerermäßigung zu gewähren ist.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Sie hatten im Jahr 2022 ein Unternehmen mit dem Austausch ihrer Heizungsanlage und Sanitärarbeiten beauftragt. Per E-Mail vom 24.11.2022 schlug der Kläger dem Unternehmen vor, 2/3 der kalkulierten Lohnkosten als Abschlag bereits in 2022 in Rechnung zu stellen. Das Unternehmen reagierte darauf nicht und schickte auch keine Rechnung. Dennoch überwies ihm der Kläger noch in 2022 insgesamt 5.242 EUR. Die beauftragten Arbeiten wurden erst in 2023 ausgeführt. In der Einkommensteuererklärung 2022 machten die Kläger die Vorauszahlungen als Handwerkerleistungen geltend. Das Finanzamt lehnte die Steuerermäßigung jedoch ab.
Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen kann nur in Anspruch genommen werden, wenn dem Steuerpflichtigen eine Rechnung vorliegt und die Zahlung an den Leistungserbringer unbar auf dessen Konto erfolgt ist. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall aber nicht erfüllt.
Der Kläger hatte keine Rechnung erhalten. Die E-Mail des Klägers stellt keine Rechnung dar. Die Berücksichtigung der Vorauszahlungen in den Rechnungen des Jahres 2023 ändert daran nichts. Zudem wurden im Streitjahr 2022 keine Aufwendungen für in Anspruch genommene Handwerkerleistungen getätigt, da Letztere erst im Folgejahr erbracht wurden. Die einseitig vom Kläger vorgenommene Zweckbestimmung der Vorauszahlungen nur für Lohnkosten ist marktunüblich. Auch widerspricht solch ein Vorgehen dem Gesetzeszweck.
Hinweis: Wenn Sie Handwerker beschäftigen, sollten Sie unbedingt darauf achten, dass Sie eine Rechnung erhalten und den Betrag nicht bar bezahlen.
Information für: | alle |
zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Viele Studierende sind auf staatliche Unterstützung angewiesen, um sich ein Studium leisten zu können. Im vergangenen Jahr haben mehr als 635.000 Personen hierzulande Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezogen und dabei im Schnitt 640 EUR pro Monat erhalten; diese Zahlen hat das Statistische Bundesamt im August 2024 veröffentlicht. Der Höchstbetrag von 934 EUR für Studierende bzw. 903 EUR für Schülerinnen und Schüler, auch Vollförderung genannt, wurde an mehr als 348.000 Berechtigte ausbezahlt.
Grundsätzlich sind BAföG-Leistungen für Studierende sowie für Schülerinnen und Schüler steuerfrei. Wer solche Hilfen bezieht, ist somit alleine wegen dieser Leistungen nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, da BAföG-Leistungen hauptsächlich der Finanzierung des Lebensunterhalts dienen.
Hinweis: Gleiches gilt für das Aufstiegs-BAföG, das früher Meister-BAföG hieß. Mit diesen Leistungen unterstützt der Staat berufliche Aufstiegsfortbildungen, zum Beispiel Meisterkurse – und zwar unabhängig von Einkommen oder Vermögen.
Anders sieht es aus, wenn jemand zusätzlich zum BAföG nicht rückzahlungspflichtige Zuschüsse für Aus- und Fortbildungskosten erhält, beispielsweise Büchergeld von einer Stiftung. Oder wenn mit Hilfe von Aufstiegs-BAföG ein Teil der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren beglichen wird und diese Zuschüsse nicht zurückbezahlt werden müssen. In diesen Fällen müssen solche Zuschüsse in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können jedoch auch verschiedene Kosten, die für die Ausbildung anfallen, steuerlich abgesetzt werden. Dazu zählen sogar Zinsen auf das BAföG-Darlehen.
Es gibt Fälle, in denen Studierende zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, zum Beispiel wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte wegen einer selbstständigen oder freiberuflichen Tätigkeit, wegen Mieteinnahmen oder Kapitalerträgen den Grundfreibetrag (2024: 11.604 EUR) überschreitet. Der Bezug von BAföG zählt in der Regel aber nicht zu den Einkünften. Ebenfalls eine Steuererklärung abgeben müssen Studierende, wenn sie im betreffenden Kalenderjahr von mehreren Arbeitgebern gleichzeitig Lohn oder Gehalt bezogen haben.
Wer nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, darf freiwillig eine Erklärung abgeben – dies kann sich auch für Studierende lohnen. Denn unter bestimmten Voraussetzungen – etwa bei einem Zweitstudium und eingeschränkt bei dualen Studiengängen – lassen sich verschiedene Ausgaben steuerlich geltend machen. Absetzbar sind beispielsweise Mietkosten, Fahrtkosten, Studiengebühren, Arbeitsmittel, Zinsen für ein Studentendarlehen, sowie Kosten in Zusammenhang mit einem Auslandssemester oder Praktikum. Natürlich müssen in der Einkommensteuererklärung dann auch sämtliche Einkünfte angegeben werden.
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zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Wer sich in einer mündlichen Verhandlung „ungebührlich“ verhält, muss damit rechnen, dass das Gericht ein Ordnungsgeld bis 1.000 EUR oder sogar eine Ordnungshaft bis zu einer Woche verhängt. Nach einem neuen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Ordnungsgeldbeschluss aber nur rechtmäßig, wenn das zugrunde liegende „ungebührliche“ Verhalten vom Gericht auch protokolliert worden ist.
Im zugrunde liegenden Fall hatte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg ein Ordnungsgeld von 100 EUR gegen eine Klägerin verhängt. Im Protokoll über die mündliche Verhandlung war lediglich niedergeschrieben, dass die Klägerin das Gericht aufgefordert habe, dessen Kenntnis von Dokumenten und Schriftsätzen aus dem Einspruchsverfahren zu protokollieren und zu einer vermeintlichen Amtspflichtverletzung des Finanzamts Stellung zu beziehen. Die Klägerin habe den wiederholten Hinweis des Gerichts auf die Prozessordnung ignoriert und die Antragstellung ohne die zuvor erfolgten Protokollierungen verweigert. Auch einen Hinweis auf ihr störendes Verhalten habe sie ignoriert.
Die Klägerin legte Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss ein und erhielt Recht. Der BFH verwies auf das Gerichtsverfassungsgesetz, nach dem Gerichte den gesamten Geschehensablauf so konkret wie möglich protokollieren müssen. Es ist eine wertungsfreie Schilderung des Vorgangs erforderlich, damit später ein objektives und umfassendes Bild des Vorgangs nachgezeichnet werden kann. Aus dem Sitzungsprotokoll muss genau hervorgehen, auf Grund welcher Tatsachen und Umstände das Gericht das Ordnungsmittel verhängt hat.
Gemessen an diesen Maßstäben war der Sachverhalt im vorliegenden Fall nicht ausreichend protokolliert worden. Dem Protokoll war lediglich zu entnehmen, dass die Klägerin einen Hinweis des Gerichts ignoriert hatte. Ein konkretes Verhalten war nicht beschrieben. Das Protokoll wies offensichtlich Lücken auf, denn aus anderen Dokumenten hatte sich ergeben, dass es wohl zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen der Einzelrichterin und der Klägerin gekommen war. Hierzu enthielt das Sitzungsprotokoll keine Angaben, so dass die Vorkommnisse nicht hinreichend wiedergegeben worden waren.
Hinweis: Im Ergebnis musste der Ordnungsgeldbeschluss aufgehoben werden, da dessen Rechtmäßigkeit mangels hinreichender Protokollierung nicht überprüft werden konnte.
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zum Thema: | übrige Steuerarten |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Bereits seit dem 01.01.2022 müssen Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts ihre Schriftsätze, Anträge und Erklärungen zwingend als elektronisches Dokument an die Gerichte übermitteln, die Papierform ist für diesen Personenkreis seitdem grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Rechtsanwälte müssen für diese Zwecke ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (sog. „beA“) vorhalten.
Für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts existiert das besondere elektronische Behördenpostfach (sog. „beBPo“). Seit dem 01.01.2023 müssen auch Steuerberater ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (sog. „beSt“) führen, sodass auch sie spätestens ab diesem Zeitpunkt zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten verpflichtet sind.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun aber entschieden, dass ein Terminverlegungsantrag nicht zwingend über das elektronische Postfach (beSt) eingereicht werden muss. Geklagt hatte ein Steuerberater, der in einem Verfahren in eigener Sache eine Verlegung der mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Zu diesem Zweck hatte er eine E-Mail an das Finanzgericht München (FG) geschrieben und darin seine gesundheitlichen Probleme geschildert. Das FG führte die Verhandlung trotzdem in seiner Abwesenheit durch und wies die Klage ab. Nach Ansicht des FG war der Terminverlegungsantrag formunwirksam, da er nicht über das beSt gestellt worden war.
Die Beschwerde des Steuerberaters vor dem BFH hatte jedoch Erfolg. Die Bundesrichter entschieden, dass das FG den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hatte, indem es die mündliche Verhandlung trotz dessen Abwesenheit durchgeführt hatte. Zwingend über das beSt einzureichen sind nach der Finanzgerichtsordnung lediglich vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen. Ein Terminverlegungsantrag zählt nach Auffassung des BFH nicht zu den zwingend elektronisch zu übermittelnden Dokumenten, ein solcher kann auch telefonisch oder per E-Mail bei Gericht gestellt werden.
Information für: | alle |
zum Thema: | übrige Steuerarten |
(aus: Ausgabe 12/2024)